1.7. Der Luxemburger Graf Heinrich VII.,möglicher Verleiher der Stadtrechte an Esch

 

Die erste bekannte Nennung der Freiheit Esch stammt aus dem Jahr 1311, als ein Register der Vogtei Luxemburg von der neuen Stadt Esch, „d’Ays-la-neuve-ville““ spricht. Falls Esch seine Freiheit also einige Jahre vor 1311 bekommen hatte, hieß der Graf Heinrich der VII. Sein Vater war Heinrich VI. der 1288 mitsamt seiner drei Brüder in der Schlacht bei Worringen gefallen war. Sein Sohn war Johann der Blinde. In einem vorigen Kapitel hatte ich darüber berichtet, dass der Autor Joseph Flies die Verleihung der Stadtrechte in die 80iger Jahre des 13. Jahrhunderts legt, der Heraldiker René Klein aber nach 1328. Beide haben keine Beweise liefern können. Das ist leider auch im folgenden nicht möglich.

 

Wir gehen davon aus, dass eine Verleihung zwischen 1300 und 1311 am wahrscheinlichsten ist, eben weil 1311 von der neuen Stadt Esch die Rede ist.

 

Dies gibt uns die Gelegenheit, uns mit dem Leben und Wirken des Grafen Heinrich VII von Luxemburg zu befassen. Heinrich wurde 1278 oder 1279 von seiner Mutter Beatrix d’Avesnes geboren. Heinrich sprach Französisch und war teilweise am französischen Königshof erzogen worden. 1292 hatte er Marguerite de Brabant geheiratet und dabei die Auseinandersetzungen mit den Grafen von Brabant und den Fürsten an der Maas, die die Schlacht von Worringen gewonnen hatten, beigelegt. In den Kriegen von 1294-1297 zwischen Deutschen, Engländern und Franzosen hatte er sich verhalten gezeigt. Seit 1294 war er Vasall des französischen Königs. Er hatte sich auch nach Avignon begeben, wo zu der Zeit der Papst Clement V residierte. Es werden ihm Talente in der Organisierung seiner Grafschaft nachgesagt.

 

Am 1. Mai 1308 wurde der deutsche und römische König Albecht ermordet. Die Macht dieser deutschen Könige war begrenzt, der Titel sagte nicht unbedingt viel über ihren Einfluss aus. Sie waren meistens nicht im Stande, die deutschen und italienischen Territorien, die zu ihrem Imperium gehörten, zu kontrollieren. Im besten Fall gelang es ihnen, sich zum römischen Kaiser krönen zu lassen. (Dem letzten, dem das gelungen war, war der Staufer Friedrich II., „stupor mundi“ genannt, eine schillernde Persönlichkeit. Er war in Palermo aufgewachsen sprach Arabisch, Griechisch, Latein und auch wohl ein Bisschen Deutsch, war vom Papst als schwacher Kaiser geplant und stellte sich dann als sehr selbstbewusst heraus und war deshalb auch exkommuniziert worden. Der Staufer reiste immer mit einem ganzen Zoo und saß selbst auf einem Elefanten, was ihn darüber hinweg tröstete, dass es ihm fast nicht gelang durch Norditalien und die Alphen nach seiner deutschen Einflussspäre zu gelangen. Aber das war 60 bis 90 Jahre zuvor und sei nur nebenbei bemerkt.) Diese deutschen Könige wurden von 7 Kurfürsten gewählt unter ihnen der Erzbischof von Trier, dessen Stuhl von Heinrichs Bruder besetzt war und der Erzbischof von Mainz, der von Peter von Aspelt besetzt war, einem Emporkömmling und nichtadeligen Ministranten aus der Grafschaft.

 

Heinrich VII. nutzte die Gelegenheit und bewarb sich um die Krone. Als Kontrahent hatte er Charles Valois, kein anderer als der Bruder des Königs von Frankreich. Es war es ihm ein leichtes, das Kurfürstenkollegium günstig zu stimmen. Zwei Stimmen waren ihm von vornherein gewiss, und die Kurfürsten zogen den französischsten der Fürsten des Imperiums dem Bruder des französischen Königs vor. Am 27. November 1308 wurde Heinrich in Frankfurt von 6 Kurfürsten gewählt; der aus Kärnten, der die Stimme Böhmens führte, war nicht angereist. Die Krönung folgte am 6. Januar 1309 in Aachen.

 

Interessant ist es, dass Heinrich noch 1309 die Rechte der neuen Eidgenossenschaft, Uri, Schwyz und Unterwalden bestätigte und bekräftigte. Das Jahr ist interessant; hatte es eine größere Welle von solchen Entscheidungen gegeben ? Wäre es nicht denkbar, dass Esch auch in diesem Jahr seine Freiheit erhielt ? Heinrichs Wahl gegen den Bruder des französischen Königs hatte natürlich zu Spannungen geführt. Er entwickelte demnach eine Politik zur Absicherung seines Einflusses im Westen durch die Anbindung seiner Fürsten aus dieser Region, die die Regalien (Hoheitsrechte) aus seiner Hand empfingen und durch die Ernennung königlicher Vikare, die die Verwaltung und die Kontrolle verbessern sollten. Es gelang ihm auch, den französischen Druck auf die Grenzregion zu mindern. Die Erbauung einer Festung Esch hätte gut in diese Politik hinein gepasst. Wir müssen zugeben, dass die Zusammenhänge aber nur sehr mittelbar bestehen. In der Schweiz beabsichtigte Heinrich, sich den Gotthardpass als reichsunmittelbares Gebiet zu sichern, will heißen als Territorium, das dem König als Eigenbesitz gehört. Im Alzettetal wäre es darum gegangen, den Grafen von Bar den Weg durch eine neue Festung zu versperren. Heinrich hatte gleich nach seiner Krönung als König starke italienische Gelüste, die ihn sehr oft von seiner Grafschaft fernhielten. Es liegt nahe, dass er seine luxemburgischen Untertanen zur Selbstverteidigung ermunterte, während er nach der Kaiserkrone griff. Heinrich gelang es übrigens nicht, den Gotthardpass in seinen Besitz zu bringen. Die italienische Route blieb ziemlich ungesichert.

 

Ende August 1310 belehnte Heinrich seinen erst 14 Jahre alten Sohn Johann (Jang de Blannen) mit der böhmischen Königskrone, die, im Gegensatz zu seiner, erblich war. Johann heiratete Elisabeth, die Tochter des letzten böhmischen Königs. Heinrich schickte eine Gesandtschaft nach Avignon zu Papst Clement V. um einen Termin zur Kaiserkrönung aus zu handeln. Den norditalienischen Städten kündigte er seine Reisepläne an. Im Oktober 1310 überquerte er mit einem Heer von 5000 Mann den Mont Cenis. Von Dante, der aus dem guelfischen Florenz exiliert war,  wurde er als Friedensstifter gefeiert und er wurde auch von den beiden befehdeten Parteien der Guelfen und Ghibellinen begrüßt. Am 6. Januar 1311 ließ er sich mit der Krone der Langobarden krönen (Mailand, Lombardei). Seine norditalienische Kampagne verlief nicht gerade glücklich. Es brachen immer wieder Aufstände auf, Heinrich griff auch militärisch ein und verlor seine Aura als Friedensapostel. Sein Bruder Walram fiel bei Brescia. Seine Frau Marguerite de Brabant starb in Genua. Florenz müpfte auf und Robert d’ Anjou, der König von Neapel, drohte, mit dem französischen König im Rücken, mit Krieg. Der Papst schwankte zwischen Philippe IV und Heinrich. Heinrichs Heer wurde durch die Malaria immer mehr dezimiert.

 

Dennoch, am 29. Juni 1312, wurde Heinrich in der Lateranbasilika von den Kardinälen, die Papst Clemens nach Rom geschickt hatte, zum römischen Kaiser gekrönt. Bis zu St. Peter hatte er gar nicht vordringen können, weil Truppen ihm den Weg versperrten. Während all dieser Zeit war er nie zu seiner Stammgrafschaft Luxemburg zurückgekehrt. Von September bis Oktober 1312 belagerte er Florenz. Er plante eine militärische Expedition zu See und zu Land gegen Robert in Neapel und verbündete sich dazu mit dem König von Sizilien und Pisa. Zuerst wurde Siena belagert. Während dieser Belagerung starb er am 24. August 1313 in Buonconvento, nahe Siena an einer Arsenvergiftung. Arsen wurde damals als Wundheilmittel gebraucht. Er liegt seither im Dom von Pisa in einem herrlichen Sarkophag begraben. Sein Heer löste sich auf. Teile davon blieben als Söldner in Italien zurück. Es gibt in den Marken, nahe der toskanischen Nordostgrenze ein kleines Dorf namens Lucemburgo, das möglicherweise von Soldaten dieses Heeres gegründet wurde.

 

Es ist wohl müßig, den verschollenen Freiheitsbrief Heinrich VII., wenn dieser denn von Heinrich stammte, in Luxemburg ausfindig machen zu wollen. Wäre es denkbar in italienischen Archiven Spuren davon zu entdecken? Die Geschichtsschreiber von heute hätten es leichter mit Italienreisen als der gute Heinrich, auch wenn der Gotthardpass auch heute noch bis nach Pfingsten verschneit ist. Wer macht sich an die Arbeit ?

 

Es gelang seinem Sohn, Johann dem Blinden nicht, sich als Nachfolger seines Vaters wählen zu lassen. Ihm verblieb die Krone von Böhmen und zeitweise die von Polen und natürlich die Grafschaft Luxemburg.

 

 

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